Vetternwirtschaft – ein Auslaufmodell?

Der negativ belastete und im Gebrauch auch so angewendete Begriff Vetterliwirtschaft, bezeichnet eine, oft auf wirtschaftlichem Hintergrund basierende, Abmachung. Diese Abmachung beinhaltet eine Ausschliesslichkeit. Wenn Du mir, dann ich Dir und wenn ich Dir, dann Du mir. Zum Beispiel: Ich kaufe bei Dir ein, wenn Du mich auch berücksichtigst. Der Sinn war eine gegenseitige Sicherheit auf Umsatz. Aber auch die Sicherheit bei Knappheit berücksichtigt, ja bevorzugt, zu werden. 

Ich habe mich nun gefragt, was daran der negative Beigeschmack ist. Ich glaube, dass zum Zeitpunkt der Abmachung diese sehr sinnvoll, vielleicht überlebenswichtig war. Für eine Familie oder eine Gemeinschaft. Das nicht hinterfragte Weiterverfolgen dieser Abmachung in die nächste und vielleicht übernächste Generation, aus Prinzip oder „weil man es immer schon so gehandhabt hat“, hat nun aber vielleicht den ursprünglichem Sinn verloren. Deshalb wird von aussen betrachtet dieser wirtschaftliche Vertrag, im uns bekannten Sinne, mit einem missgünstigen Unterton belächelt. 

Formen von gemeinschaftlichem, verbindlichem zusammen Leben und Arbeiten gab es immer schon.

Gerade jetzt, ein Jahr in der C-Pandemie lebend, blühen rundherum Formen solcher Ideen wieder auf.

Die Sehnsucht nach Sinnhaftigkeit und Eingebundensein aber auch nach Sicherheit ist gross. Wohn- und Lebensgemeinschaften entstehen. Das Erreichen grösstmöglicher Unabhängigkeit, eingebunden in eine Gemeinschaft mit gleichgesinnten Menschen ist das Ziel. Dabei werden Arrangements gesucht um Anschaffungen, Arbeit und Kinderbetreuung gemeinsam zu bewerkstelligen. Land-Bewirtschaftung zur Selbstversorgung wird angestrebt. In diese Gemeinschaften gehören auch Kinder und alte Menschen. Und so entstehen im Zusammenhang mit Schule, Bildung, Lernen und Lebens-Werten neue, vielleicht aber auch uralte, Gefüge wo Alle ihren Platz und ihre Aufgaben finden.

Ich meinerseits bin in meinem nächsten Umfeld aufmerksamer geworden. Im Umgang mit meinen Nächsten Menschen, mit den Quartierbewohnern und allgemein bei Begegnungen im Alltag. Auch ich beginne Fäden zu spinnen und mich zu vernetzen. Ich finde es spannend und es macht mir Mut, diese Bewegungen zu beobachten. 

In diesem aktuellen Sinne und mit den heutigen Begriffen ist also Vetternwirtschaft sehr im Trend. Ich wünsche auch Dir ein Netzwerk von lieben Menschen um Dich, denen Du vertraust, mit denen Du Lachen kannst und Ihr Euch gegenseitig Freude schenken könnt.

Herzlich

Christine

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